Love is in the Air

Liebe liegt in der Luft: manchmal leise, manchmal laut. Als Streetphotograph sehe ich es als meine Aufgabe, diese Momente einzufangen, bevor sie verfliegen. Sie sind ein Gegenentwurf zur Anonymität, ein Innehalten im Strom der Bewegung. Und vielleicht, ganz vielleicht, ein kleiner Beweis dafür, dass uns die Menschlichkeit nicht verloren gegangen ist.

Dieses Bild entstand in der Nähe einer S-Bahn-Station. Ich hatte die Idee schon länger im Kopf: ein verliebtes Paar, eingefangen im Lichtkegel eines großen Lichtschachts, während hinter ihnen das rastlose Leben der Stadt in Bewegung verschwimmt. Als ich die beiden entdeckte, sprach ich sie gezielt an. Ihre Körperhaltung, ihre Nähe zueinander: das war genau das, was ich suchte. Ich führte sie an die Stelle, an der das Licht präzise fiel. Ein klar definierter, fast theatralischer Spot auf dem Boden. Ich erklärte dem Paar meine Idee und bat sie, für einen kurzen Moment still zu stehen. Mit einer Langzeitbelichtung ließ ich den Hintergrund verschwimmen. Die vorbeifahrenden Straßenbahnen lösten sich in Bewegung auf, zogen helle Schleier durch das Bild. Doch das Paar blieb scharf, klar, still. Ein Kontrast zwischen Rasanz und Ruhe, zwischen anonymer Stadt und Intimität. Es ging mir darum, ein Gefühl sichtbar zu machen: dass Liebe selbst inmitten urbaner Hektik einen eigenen Raum schafft: wenn man hinschaut und diesen Raum bewusst gestaltet.

Liebe ist mehr als ein Kuss

Wenn wir an Liebe im öffentlichen Raum denken, fallen uns vielleicht zuerst Paare ein, die sich umarmen oder küssen. Doch Liebe hat viele Gesichter. Ich sehe sie auch im Blick einer Mutter, die ihr Kind auf dem Arm trägt, in der Fürsorge zweier älterer Menschen, die sich gegenseitig stützen, oder in der Geste, wenn jemand einem Fremden die Tür aufhält – ganz ohne Erwartung.

Streetphotography lebt von der Beobachtung. Von der Fähigkeit, im scheinbar Banalen das Besondere zu erkennen. Wenn ich durch die Straßen ziehe, versuche ich nicht nach der spektakulärsten Szene zu jagen, sondern offen zu bleiben für das, was sich zeigt. Und immer wieder ist es Liebe, die sich wie ein leiser Unterton durch die urbane Kulisse zieht.

Zwischen Nähe und Distanz

Liebe im öffentlichen Raum ist auch ein Spiel mit Grenzen. Was zeigen wir? Was verbergen wir? Was geschieht im Schutz der Anonymität der Großstadt. Und was trauen sich Menschen nur dort, wo sie glauben, unbeobachtet zu sein?

In meinen Fotografien versuche ich, diese Spannung einzufangen. Es geht nicht um das voyeuristische Beobachten, sondern um das ehrliche Interesse am Menschen. Um Empathie. Um Respekt. Und um die stille Anerkennung dessen, was Liebe im Alltag bedeutet – gerade dort, wo sie nicht inszeniert, sondern gelebt wird.

Weitwinkel statt Weichzeichner. Wandel in der Fotografie?

Lesezeit cirka 15 Minuten


Kapitel

  1. Vom 85mm zum 24mm: eine persönliche Entwicklung

  2. Der Blickwinkel macht den Unterschied

  3. Nähe schafft Emotion

  4. Klassische Porträtbrennweiten: 50mm & 85mm in der Geschichte

  5. Wandel der Bildästhetik: Street Photography als Einfluss

  6. Nicht mehr nur ein Trend: Elopement Wedding Photography

  7. Weitwinkel & Social Media: Eine neue Bildsprache

  8. Fazit: Der neue Standard

  9. Ein Blick nach vorn: Erste Schritte mit 14mm


Lange Zeit war in meinem fotografischen Umfeld klar: Wer Porträts macht, greift zum 50mm oder 85mm. Diese Brennweiten galten, und gelten vielerorts noch, als „die Porträtbrennweiten“. Auch ich habe jahrelang fast ausschließlich damit gearbeitet. Der Bildlook: klassisch, schmeichelnd, mit weichem Bokeh und viel Abstand zum Motiv. Doch in den letzten Jahren hat sich meine Bildsprache stark verändert, und mit ihr auch meine Objektivwahl.

Ich arbeite heute fast ausschließlich mit 24mm und 35mm Festbrennweiten, vor allem mit dem Sony 24mm f1.4 GM, dem Sony 35mm f1.4 GM und für unterwegs auch sehr gern mit dem kompakten Sony 35mm f2.8 Zeiss. Warum ich das tue? Weil ich näher ran will. Weil ich Nähe spüren will. Weil ich echte Momente zeigen will – und weil ich finde, dass diese Brennweiten genau das möglich machen.

Das Sony 24f1.4 GM war in vielerlei Richtung Wegweisend. So kompakt und leicht mit wunderbar weichem Bokeh, und dabei schon bei f1.4 rasiermesserscharf bis in die Ecken. Das gab es in dieser Kombination bisher nicht. Mittlerweile hat Sigma nachgezogen und ein ähnlich gutes Objektiv zu einem günstigeren Preis auf den Markt gebracht. Allerdings ist es etwas schwerer und größer.


Der Blickwinkel macht den Unterschied

Der vielleicht offensichtlichste Unterschied liegt im Bildausschnitt: Mit 24mm oder 35mm bekomme ich mehr Kontext ins Bild. Das Umfeld der porträtierten Person wird zum Teil der Geschichte. Die Umgebung rahmt nicht nur das Gesicht ein, sie erzählt mit. Das ist besonders wertvoll bei Reportagen, Hochzeiten oder dokumentarischen Projekten, bei denen es um mehr geht als nur um ein schönes Lächeln und perfekte Proportionen.

35mm f2.8

24mm f2.8

Vor allem das 35mm hat sich für mich als wahres Arbeitstier etabliert. Es ist nah genug für intime Momente, aber weit genug, um Raum zu zeigen. Und genau da liegt für mich der Reiz: Der Betrachter hat das Gefühl, wirklich dabei zu sein. Die Bilder wirken unmittelbarer, authentischer, manchmal sogar roher – im besten Sinne.

35mm f1.4

35mm f2


Nähe schafft Emotion

Ein weiterer großer Vorteil der kurzen Brennweiten ist die physische Nähe, die sie beim Fotografieren erfordern. Ich kann nicht „aus der Ferne“ mit einem 85mm auf einen Moment warten. Ich muss dabei sein. Ich bin mittendrin – und diese Nähe spüren auch die Menschen vor meiner Kamera. Das verändert die Dynamik des Shootings: Aus einem distanzierten Porträt wird ein echtes Miteinander.

Das bedeutet natürlich auch, dass ich bewusster mit Verzerrungen umgehen muss – besonders beim 24mm. Aber genau das gefällt mir: Ich arbeite aktiv mit der Perspektive, mit Linien und Flächen, mit Nähe und Raum. Die Bilder bekommen dadurch eine visuelle Spannung, die ich bei klassischen Porträts oft vermisse.

35mm f2.8

35mm f2

35mm f1.4

24mm f1.4

35mm f2.8

35mm f2

24mm f1.4

24mm f1.4


Ein Blick zurück – und ein Wandel in der Gegenwart

Historisch gesehen dominierten in der Porträtfotografie lange Zeit die klassischen Brennweiten 50mm und 85mm. Die Tendenz hin zu weitwinkligeren Brennweiten in der Porträtfotografie ist ein verbreitetes Phänomen, vor allem in den letzten 10–15 Jahren. Besonders in der dokumentarischen Hochzeitsfotografie, der Street- und Editorialfotografie kann man eine bewusste Abkehr von den klassischen „Schönzeichnern“ wie 50mm und 85mm hin zu Brennweiten, die mehr Nähe, mehr Kontext und mehr Unmittelbarkeit ermöglichen beobachten.

Moderne und Kompakte Vollformatkameras hat jeder Kamerahersteller im Programm. Die für mich schönste und unauffälligste ist für mich die Sony Rx1r Serie. Mit ihrem fest verbauten 35mmF2 Objektiv und dem extrem guten 42MP Sensor gelingen fantastische Aufnahmen. Dabei ist die Kamera geradezu winzig, und stellt in sachen Größe und Gewicht Rekorde auf. Leider wurde der Verkauf der Premiumkamera mittlerweile eingestellt, auf einschlägigen Gebrauchtbörsen werden aber immernoch Preise von mehr als 2500€ verlangt. Ein Nachfolger soll wohl irgendwann 2025, 2026 kommen oder aber nie … denn:

Die A7c Reihe von Sony ist ähnlich kompakt wie die legendäre RX1r, besitzt ebenfalls einen großen Vollformat-Sensor (je nach Modell bis zu 24, 33 oder 61 Megapixel) bietet jedoch die möglichkeit des wechselns der Objektive. Der bessere Autofokus und moderne funktionen wie KI-Objekterkennung erleichtern die Arbeit mit der Kamera und ermöglichen es dem Fotografen sich voll und ganz auf das Motiv und die Bildgestaltung zu konzentrieren.

Warum dieser Wandel?

  1. Ästhetischer Zeitgeist: Die Sehgewohnheiten haben sich verändert. Wir leben in einer Zeit von Storytelling, Authentizität und dokumentarischer Bildsprache. Weitwinkel unterstützt genau das. Es reißt die Wand zwischen Fotografierenden und dem Motiv ein.

  2. Technischer Fortschritt: Moderne Weitwinkelobjektive wie das Sony 24mm f1.4 GM oder das Sigma 35mm f1.4 DG DN sind optisch so gut korrigiert, dass man sich keine Sorgen mehr über übermäßige Verzeichnung machen muss – bei offener Blende ist das Bokeh weich und die Abbildungsleistung gestochen scharf.

  3. Soziale Medien & Nähe: Viele Fotograf*innen wollen heute eine visuelle Nähe erzeugen, die sich auf kleinen Screens genauso gut „anfühlt“ wie gedruckt – auch das fördert kürzere Brennweiten.

35mm f2

35mm f1.4

28mm f2

35mm f2

Klassische Porträtfotografie: Die Ära der 50mm und 85mm

Historisch gesehen waren 50mm und 85mm tatsächlich die Go-to-Objektive vieler legendärer Porträtfotografinnen und Portraitfotografen. Hier ein paar Beispiele:

  • Richard Avedon: Er arbeitete häufig mit einem 85mm Objektiv, besonders für seine ikonischen Studio-Porträts. Die Brennweite ermöglichte ihm, klassische Nähe zu schaffen, ohne zu verzerren.

  • Steve McCurry: Der Magnum-Fotograf ist berühmt für seine Arbeiten mit einer Nikon und dem 85mm – z. B. für das legendäre Porträt des „Afghan Girl“.

  • Annie Leibovitz: Auch sie nutzte über Jahrzehnte hinweg primär klassische Porträtbrennweiten wie 85mm – besonders bei ihren aufwendig inszenierten Editorial-Porträts.

Und heute?

Viele zeitgenössische Fotografinnen und Fotografen, besonders in der Hochzeits- und Lifestylefotografie, nutzen heute bevorzugt 35mm, 28mm oder gar 24mm:

  • Fer Juaristi (Wedding): Sehr dynamische Bildsprache mit 24mm–35mm, bewusst aus der Bewegung heraus fotografiert.

  • Peter McKinnon (Lifestyle & Portrait): 35mm ist seine "everything lens", wie er es selbst nennt.

  • Tyler Rye (Elopement Photography): Viel 24mm/35mm, weil der Kontext der Landschaft eine große Rolle spielt.

Ich finde das die klassische Bildsprache von 50mm/85mm zunehmend durch eine direktere, emotionalere Ästhetik ersetzt wird. Die Grenzen zwischen Porträt, Reportage und Editorial verwischen, und kürzere Brennweiten unterstützen genau das.

35mm f2

35mm 0,3 Sekunden


Der Einfluss der Street Photography auf unsere heutige Bildsprache

Ein wesentlicher Grund für den Wandel hin zu weitwinkligeren Brennweiten – nicht nur in der Porträtfotografie, sondern allgemein in der dokumentarischen und reportagestarken Bildästhetik liegt in der Prägung durch die klassische und moderne Street Photography. Die Nähe zum Geschehen, das ungestellte Moment, das Zusammenspiel von Mensch und Umgebung all das sind Prinzipien, die heute immer mehr auch in Hochzeitsreportagen oder redaktionellen Porträts auftauchen. Viele visuelle Codes, die wir heute auf Instagram oder in Magazinen sehen, gehen auf die Pionierarbeit einiger bedeutender Fotograf*innen zurück:

  • Henri Cartier-Bresson (50mm): Mit seiner Leica und dem legendären 50mm-Objektiv gilt er als Vater des „entscheidenden Moments“ („decisive moment“). Seine Bilder sind nie rein porträthaft, sondern zeigen Menschen im Kontext – mit Betonung auf Licht, Linien und Timing. Obwohl er häufig mit 50mm arbeitete, ist sein Einfluss auf die visuelle Nähe und Intimität, die heute durch 35mm oder 24mm entsteht, kaum zu überschätzen.

  • Joel Meyerowitz (35mm): Einer der ersten, der konsequent mit Farbe arbeitete und dabei das 35mm-Objektiv nutzte, um mitten im Leben zu stehen. Seine Bilder kombinieren komplexe Kompositionen mit ruhiger Beobachtung. Er steht für eine neue visuelle Offenheit, für Ordnung im Chaos und für eine Street Photography, die sowohl intuitiv als auch durchdacht ist.

  • Vivian Maier (35mm): Ihre Rolle als unentdeckte Chronistin des Alltags wurde erst posthum gewürdigt. Sie arbeitete mit einer Rolleiflex (Mittelformat, eher klassische Bildwirkung), aber ihre Nähe zu Menschen und ihre Perspektive aus der Hüfte wirken unglaublich modern. Ihre Arbeit zeigt eindrücklich, wie sehr Umgebung und Subjekt miteinander verbunden sind – ein zentrales Element in der heutigen Weitwinkelfotografie.

  • Robert Capa (35mm): Der Satz „If your pictures aren’t good enough, you’re not close enough“ stammt von ihm – und ist im Grunde das Credo der Weitwinkelfotografie. Capa arbeitete oft mit 35mm und ging mit der Kamera mitten ins Geschehen. Seine Kriegsfotografie zeigt, wie körperliche Nähe visuelle Dringlichkeit erzeugt – ein Prinzip, das viele heutige Fotograf*innen in zivileren Kontexten (Hochzeit, Reportage, Alltag) adaptieren.

  • Saul Leiter: Zwar ein Sonderfall, aber für die heutige Bildästhetik enorm prägend. Leiter arbeitete oft mit Teleobjektiven, aber seine Kompositionen – mit Reflektionen, Farbflächen, zerschnittenen Formen – prägen viele Instagram-Feeds bis heute. Er bewies, dass Street Photography auch leise und poetisch sein kann. Sein Einfluss auf den visuellen Mut zur Unvollständigkeit ist groß.

  • Alex Webb (28mm & 35mm): Meister des komplexen Weitwinkels. Seine Bilder zeigen mehrere Ebenen gleichzeitig – Farben, Licht, Körper, Bewegung. Seine Ästhetik ist chaotisch und präzise zugleich, voller Dynamik. Viele heutige Hochzeits und Eventfotografen/fotografinnen lassen sich bewusst oder unbewusst von seinem Stil beeinflussen.

  • Bruce Gilden (28mm & 35mm): Berüchtigt für seine radikale Nähe, oft mit Blitz und 28mm direkt ins Gesicht der Menschen. Seine Street Portraits sind konfrontativ, gnadenlos direkt. Auch wenn sein Stil polarisiert, zeigt er, wie Weitwinkel eine enorme Wucht entfalten kann. Gilden bringt einen Aspekt ins Spiel, der heute auch in sozialen Medien eine Rolle spielt: Authentizität, Direktheit, manchmal auch Provokation.

Viele Fotografinnen und Fotografen von heute arbeiten bewusst oder intuitiv, in dieser Tradition: Sie stehen in der Fußgängerzone mit einem Weitwinkel statt am Studioblitz mit einem Tele. Und das hinterlässt Spuren: auch in der Bildästhetik.

35mm f5.6

24mm f1.4

24mm f1.4

35mm f8

35mm f2.8

35mm f2.8

35mm f2

35mm f2.8

35mm f2

35mm f5.6

35mm f2

28mm f2

24mm f1.4

24mm f1.4

35mm f1.4


Nicht mehr nur ein Trend: Elopement Wedding Photography

Elopement Photography hat in den letzten Jahren enorm an Popularität gewonnen. Nicht nur als Reaktion auf pandemiebedingte Einschränkungen, sondern als bewusste Entscheidung vieler Paare für ein intimes, persönliches und oft naturverbundenes Hochzeitserlebnis. Dabei geht es nicht mehr um große Bühnen oder aufwändige Inszenierungen, sondern um Authentizität, Spontaneität und Nähe. Sowohl emotional als auch physisch.

Dieser Wandel zeigt sich auch in der Bildsprache. Viele Elopement-Fotografinnen und Fotografen setzen gezielt auf Weitwinkelobjektive, wie 24mm oder 35mm, um nicht nur das Paar, sondern auch die Umgebung, das Licht und die Atmosphäre in die Erzählung einzubeziehen. Der enge Kontakt, das Gefühl des „Dabeiseins“ und das Erzählen in Kontexten statt in klassischen Portrait-Isolationen wird durch diese Brennweiten möglich.

Während früher 50mm oder 85mm als Standard für Hochzeits- und Porträtfotografie galten, auch wegen ihrer schmeichelnden Perspektive und des beliebten Bokehs, hat sich die Elopement-Fotografie ganz bewusst von dieser Ästhetik entfernt. Statt weicher Hintergrundunschärfe geht es heute oft um raumgreifende Bildkompositionen, expressive Lichtstimmungen und dynamisches Storytelling. Fotografinnen wie The Foxes, Breeanna Lasher oder Daniela Vallant zeigen eindrücklich, wie kraftvoll diese neue Weitwinkelästhetik sein kann.

Auch ich merke, wie sehr mich dieser Stil inspiriert. Die Nähe, die ich mit 24mm oder 35mm in Porträts herstellen kann, das Gefühl direkt dabei zu sein passt perfekt zu einer intimen Erzählweise, wie sie die Elopement-Fotografie heute verkörpert.


Weitwinkel & Social Media: Eine neue Bildsprache

Instagram, TikTok & Co. haben den Wunsch nach Echtheit, Nähe und Storytelling beschleunigt. Die visuelle Ästhetik der sozialen Medien ist geprägt von Schnelligkeit, Präsenz und unmittelbarer Emotionalität – und genau das liefern 24mm und 35mm auf der Kameraebene. Der „saubere“, weichgezeichnete 85mm-Look wirkt im Feed oft zu inszeniert, zu glatt – während ein leicht verzerrtes, offenes 35mm-Bild mit echter Interaktion oder spontaner Geste mehr erzählt und näher wirkt.

35mm F1.4

35mm F8

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f2.8

24mm F1.4

24mm F1.4

24mm f1.4

24mm f8

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4

24mm f1.4


Ein neuer Standard

Natürlich haben 50mm und 85mm ihre Berechtigung. Gerade wenn es um klassische Beauty-Porträts oder Headshots geht, sind sie oft die bessere Wahl. Aber sie schaffen eben auch Distanz – räumlich wie emotional. Wer sich nach einer moderneren, dokumentarischeren Ästhetik sehnt, sollte die weitwinkligeren Alternativen nicht scheuen.

Ich empfinde 24mm und 35mm längst nicht mehr als „ungewöhnlich“ für Porträts, sie sind mein neuer Standard. Sie ermöglichen eine Bildsprache, die näher, mutiger und erzählerischer ist. Sie zeigen nicht nur, wie jemand aussieht, sondern auch, wo er ist, was ihn umgibt, was er fühlt.

Und genau das macht für mich heute ein gutes Porträt aus.

Die heutige Bildästhetik liebt das Unmittelbare. Und genau das liefern 24mm und 35mm – nicht glatt, sondern echt. Nicht distanziert, sondern mittendrin. Vielleicht ist das keine Revolution, aber definitiv ein leiser, stetiger Wandel in der Art, wie wir Menschen fotografieren.

Brennweite: 135mm. Man sieht die Distanz

Näher dran: mit 35mm wirkt die Person näher und greifbarer


Noch ein Schritt weiter: Erste Experimente mit 14mm

Ganz neu wage ich mich gerade noch weiter in den Weitwinkelbereich vor. Seit Kurzem sammle ich erste Erfahrungen mit dem Sony 14mm f1.8 GM, ein echtes Spezialobjektiv, das sowohl technisch als auch gestalterisch neue Herausforderungen mit sich bringt. Die Möglichkeiten, die sich damit eröffnen, sind enorm, aber sie brauchen Zeit. Zeit für Experimente, für das richtige Motiv, für den richtigen Moment. Ich bin gespannt, wohin diese Reise führt. Später im Jahr werde ich einen eigenen Blogpost dazu schreiben, über Perspektivverzerrung, kreative Freiheit und die Frage, wie weit man beim Porträt eigentlich gehen kann. Das wird spannend!


Literatur zum Thema

Brennweiten & Bildgestaltung

  • Michael Freeman: Der fotografische Blick
    Klassiker über Bildkomposition, Perspektive und visuelle Sprache. Hilfreich für das Verständnis, wie Weitwinkel Bildinhalte beeinflusst.

  • David duChemin: Within the Frame
    Fokus auf Storytelling, Kontext und bewusste Gestaltung.

  • Chris Marquardt: Weitwinkelfotografie

    Mit informativen Texten undpassenden Fotos zeigt der Autor die Vorzüge und Tücken der Weitwinkelfotografie.

Porträt- und Street Photography

  • Bruce Gilden: Facing New York
    Extrem nah dran, konfrontativ. Ein Lehrstück in mutiger Bildsprache, meist mit Weitwinkel.

  • Joel Meyerowitz: How I Make Photographs
    Persönlicher Einblick in Meyerowitz’ Umgang mit Licht, Farbe und Brennweiten.

  • Henri Cartier-Bresson: The Mind’s Eye
    Essays über visuelles Denken, Timing und Komposition. Besonders für den dokumentarischen Aspekt relevant.

  • Saul Leiter: Early Color
    Ein poetischer Zugang zur Street Photography mit 35mm.

35mm F2

Portrait vor der Haustür

Manchmal entstehen die besten Bilder, wenn man sie am wenigsten erwartet.

Ich war gerade auf dem Heimweg, nur noch ein paar Meter von meiner Haustür entfernt, als ich ihn sah: einen Mann mit einem auffälligen Hut, gekleidet wie ein Freiheitskämpfer aus der Zeit Che Guevaras – mit Jacke, markanter Ausstrahlung und einem Bart, der sofort ins Auge fiel.

Instinktiv fuhr ich rechts ran, sprang aus dem Auto und lief ihm hinterher. Als ich ihn einholte, sprach ich ihn auf Englisch an – irgendwie fällt es mir leichter, Fremde in einer anderen Sprache anzusprechen, …auf Englisch.

Er war zunächst skeptisch, sah mich ein wenig ungläubig an. Doch dann zeigte ich ihm mein Leporello, in dem einige meiner besten Straßenporträts zu sehen sind. Ich erklärte ihm, wie spannend ich seine Erscheinung fand, den Hut, die Kleidung, sein ganzes Wesen.

Ein kurzer Moment der Stille, dann ein leichtes Nicken. Er willigte ein und ich durfte ein paar Fotos machen.

Die Zeit war knapp, ich wollte ihn nicht lange aufhalten. An meiner Kamera war das 135mm Objektiv montiert, also musste ich ein paar Schritte zurücktreten, um den richtigen Abstand für das Porträt zu bekommen.

Er trug eine Jacke, auf der ein kleiner Aufdruck wie ein Namensschild zu sehen war: „Jah Love“ stand darauf. Dieser Schriftzug stammt aus der Rastafari-Kultur und bedeutet so viel wie „Gottes Liebe“. „Jah“ ist die Kurzform von „Jahweh“, dem biblischen Namen für Gott. „Jah Love“ steht für eine spirituelle Lebenshaltung: für Respekt, Mitgefühl, und eine tiefe Verbundenheit mit allem Leben. Diese Botschaft passte perfekt zu seiner Erscheinung. Wie ein stilles Statement, das seine Ausstrahlung noch verstärkte.

Das ganze ist jetzt ungefähr einen Monat her. Ich habe diesen Mann seitdem nie wieder gesehen. Er hat sich leider nicht bei mir gemeldet. Für den Fall, dass ich ihm noch einmal begegne, habe ich ein gedrucktes Bild von ihm immer in meiner Fototasche dabei.

Manchmal genügt ein einziger Moment. Direkt vor der eigenen Haustür. Und manchmal hofft man, dass dieser Moment irgendwann eine Fortsetzung findet.

...mal wieder in Wetzlar #3

Etwa 4 Jahre ist es her, dass wir das letzte Mal hier zu Besuch waren. Das Hauptquartier des deutschen Traditionsherstellers aus Hessen, der sogenannten LEICA-Welt, mit seinen Galerien, führungen durch Ausstellungen, den Stores usw. zog uns mal wieder in seinen Bann.

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